Netzwerk Kinderrechte Schweiz
Mit früher Förderung die Chancengleichheit für Kinder in der Schweiz stärken: der Bericht der Schweizerischen UNESCO-Kommission «Für eine Politik der frühen Kindheit» ist lanciert
Der Bericht zeigt, dass schon Erfahrungen im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren den Menschen ein Leben lang prägen. Umso wichtiger ist es, optimale und gleiche Bedingungen für das Aufwachsen aller Kindern zu schaffen – innerhalb der Familie und ergänzend dazu in Förderungs-, Betreuungs- und Unterstützungsangeboten. Das ist das Ziel der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE).
Frühe Förderung ist ein Kinderrecht
«Zwischen der sozialen Herkunft und den Bildungschancen besteht ein enger Zusammenhang. (…) Da die Weichen für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung in den ersten Lebensjahren gestellt werden, ist es essenziell, vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen bereits früh zu fördern und auch ihre Familien zu unterstützen», fasst es der Bericht treffend zusammen.
Diese Erkenntnis deckt sich auch mit der aktuell laufenden Bestandsaufnahme zur Situation der Kinderrechte im Rahmen des dritten Staatenberichtszyklus der Schweiz an den UN-Kinderrechtsausschuss. Auch das Netzwerk kommt dabei zum Schluss, dass im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung noch viel Handlungsbedarf besteht. Insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten oder fremdsprachigen Familien haben oftmals nicht die nötigen Entwicklungs- und Bildungschancen und weisen bereits beim Schuleintritt einen Rückstand auf. Ihr Zugang zur institutionellen Kinderbetreuung ist jedoch deutlich erschwert. Um die Chancengerechtigkeit zu verbessern, bedarf es bereits im Vorschulalter einer gezielten Unterstützung der Kinder und ihrer Erziehungsberechtigten, sowie eines Ausbaus der heutigen Angebote für frühkindliche Bildung, Betreuung und Förderung.
Trotz des Wissens um die Bedeutung der frühen Kindheit, engagiert sich die Schweiz bisher im Vergleich zum europäischen Umland wenig in diesem Bereich – sei es betreffend die Schaffung einer Elternzeit, die Senkung der Kosten familienergänzender Betreuung oder die Schaffung von interdisziplinären Förderketten und -netzwerken, um Familien zu begleiten. Dies hängt auch damit zusammen, dass FBBE in der Schweiz weitgehend als Privatsache und nicht als öffentliche Aufgabe verstanden wird. Diese Auffassung soll sich wandeln: Bund, Kantone und Gemeinden sind gefordert, zusammen mit Akteuren aus der Fachwelt, Zivilgesellschaft und Wirtschaft eine kohärente und koordinierte Politik der frühen Kindheit auf den Weg zu bringen.
Mit den konkreten Handlungsansätzen «Zugang schaffen, koordinieren und vernetzen, Qualität verbessern und Finanzierung sichern» zeigt die Publikation «Für eine Politik der frühen Kindheit – Eine Investition in die Zukunft» auf wie eine umfassende und diskriminierungsfreie Politik der frühen Kindheit aufgebaut werden kann. Laut dem Bericht lohnt sich diese nicht nur für die kleinen Kinder und ihre Familien, sondern auch für die staatlichen Behörden, die Gesellschaft und die Wirtschaft.
Weitere Informationen zum Thema FBBE in der Schweiz:
Für eine Politik der frühen Kindheit: Eine Investition in die Zukunft, Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung / Frühe Förderung in der Schweiz. Erarbeitet von INFRAS, erstellt im Auftrag der Schweizerischen UNESCO-Kommission. Bern (2019).Wustmann Seiler, C. & Simoni, H. (2016; dritte, erweiterte Auflage): Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Erarbeitet vom Marie Meierhofer Institut für das Kind, erstellt im Auftrag der Schweizerischen UNESCO-Kommission und des Netzwerks Kinderbetreuung Schweiz. Zürich.
Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz & Schweizerische UNESCO-Kommission [Hrsg.] (2015): Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Unser Appell. Zofingen.
Stamm, M. et al. (2009): Frühkindliche Bildung in der Schweiz. Eine Grundlagenstudie im Auftrag der UNESCO-Kommission Schweiz. Freiburg.