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Bundesgericht betont erneut Handlungsbedarf des Parlaments beim Thema Leihmutterschaft
Das Bundesgericht hatte in einem Urteil vom 1. Juli 2022 erneut über den Fall eines durch Leihmutterschaft geborenen Kindes zu urteilen. Das Gericht hat bestätigt, dass bei der Eintragung in das schweizerische Personenstandsregister das schweizerische Recht massgeblich ist. Die Wunscheltern des Kindes werden demnach nicht automatisch als rechtliche Eltern anerkannt.
Ein Ehepaar aus dem Kanton Aargau hatte in Georgien ein Kind durch eine Leihmutter austragen lassen. Die Samenspende stammte vom Wunschvater des Kindes. Gemäss georgischem Recht sind die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes. In der Schweiz gilt dies jedoch nicht. Hierzulande gilt der Grundsatz «mater sempre certa est». Demnach ist die Frau, die das Kind zur Welt bringt, immer auch die rechtliche Mutter.
Der Wunschvater kann das Kind zwar anerkennen und wird damit unverzüglich zum rechtlichen Vater des Kindes. Die Wunschmutter kann jedoch nur durch eine Stiefkindadoption ein rechtliches Verhältnis zum Kind begründen. Bis dahin bleibt die Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes. Das Bundesgericht betont, dass in solchen Fällen die Adoptionsbehörden rasch handeln und die Voraussetzungen für eine Adoption grosszügig und pragmatisch auslegen sollen.
Dennoch bleibt die rechtliche Absicherung von Kindern, die im Ausland durch Leihmutterschaft geboren wurden, prekär. Das Bundesgericht ist an die geltenden gesetzlichen Regelungen gebunden. Die Kompetenz für die Neuordnung des Abstammungsrechts liegt beim Parlament – wie das Bundesgericht erneut betont hat.