Parlament

Kinderrechte im Parlament

Sessionsvorschau auf die Sommersession 2022.

Der Nationalrat befasst sich in der kommenden Session mit verschiedenen Geschäften, die für die Kinderrechte wichtig sind. Er befasst sich mit der Motion von Ständerätin Eva Herzog, die die Schaffung einer Datengrundlage zu Unterhaltsentscheiden im Familienrecht zum Ziel hat. Der Bundesrat will jedoch zuerst eine Machbarkeitsstudie durchführen, um den mit dem Vorstoss verbundenen administrativen, finanziellen und personellen Aufwand für Bund und Kantone abschätzen zu können. Trotzdem hat der Ständerat bereits zugestimmt.

Ebenfalls traktandiert ist im Nationalrat die Motion von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber, die ein Vorstellungsrecht der Jugendsession und Kinderkonferenz in den Kommissionen fordert. In einem Bericht dazu anerkennt der Bundesrat die wichtige Rolle, die diese beiden Gefässe für die politische Bildung und Partizipation von Kindern und Jugendlichen einnehmen. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass bisher nur 15 Forderungen aus diesen Gefässen im Parlament behandelt worden sind. Das sind weniger als ein Zehntel der effektiv gestellten Forderungen.

Mit der Motion 20.3987 «Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers)» stellt die Fraktion der Schweizerischen Volkspartei erneut die verfassungsgeschützten Rechte von Kindern ohne geregelten Aufenthaltsstatus auf Grundschulunterricht und deren Zugang zur medizinischen Grundversorgung in Frage. Die Motion will unter anderem den Datenaustausch zwischen staatlichen Stellen erleichtern und zielt dabei explizit auf Schulen. Für Schulen würde dies bedeuten, dass sie Sans-Papiers-Kinder künftig bei den Einwohnerbehörden melden müssten. Dies hätte zur Folge, dass Sans-Papiers-Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken, aus Angst, entdeckt zu werden. Die Motion stellt damit das Recht auf Grundschulunterricht für alle Kinder in der Schweiz infrage, das in der Bundesverfassung und in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft ist. Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz hatte bereits im Jahr 2018 vor einem ähnlich lautenden Vorstoss gewarnt (Siehe dazu: Stellungnahme zur Motion 18.3005).

Im Ständerat wird die Motion von Andrea Caroni behandelt, der ein zeitgemässes Abstammungsrecht fordert. Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, die rechtlichen Grundlagen für ein zeitgemässes Abstammungsrecht zu entwerfen. Dabei soll er sich an seinem Bericht vom 17. Dezember 2021 zum "Reformbedarf im Abstammungsrecht" und namentlich seinen Schlussfolgerungen (Ziff. 4) orientieren. Das Abstimmungsrecht ist von grosser Bedeutung, denn es regelt, wer dem Kind als Eltern zugeordnet wird. Der Bundesrat soll daher eine Reform des Abstammungsrechts vorlegen, die zwar auf Bewährtem aufbaut, aber Verbesserungen schafft. Dies namentlich in den Punkten, die der Bundesrat selber als reformbedürftig ausweist, nämlich die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung, die Regelung der privaten Samenspende und das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Der Ständerat behandelt die Motion als Erstrat. Das Netzwerk Kinderrechte hat die Ergebnisse aus dem bundesrätlichen Bericht bereits in einem Webbeitrag zusammengefasst und verweist auf weitere hängige und überwiesene Vorstösse zum Thema.

Weiter behandelt der Ständerat die Motion von Matthias Michel, der ein strafrechtliches Verbot von geschlechtsverändernden Eingriffen an Kindern mit einer angeborenen Variation der Geschlechtsmerkmale (Intergeschlechtlichkeit) fordert. Vom Verbot betroffen wären jegliche chirurgischen oder hormonellen irreversiblen Eingriffe (auch als geschlechtsverändernd bezeichnet) an inneren und äusseren Geschlechtsmerkmalen oder Genitalien von urteilsunfähigen Kindern. Nicht von diesem Verbot erfasst sein sollen medizinisch nicht aufschiebbare oder zwingende Eingriffe zur Abwendung einer Lebensgefahr (zeitliche Dringlichkeit) oder einer erheblichen und aktuellen Gefahr für die Gesundheit des Kindes (sachliche Dringlichkeit). Diese Forderung entspricht auch den neusten Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses.


Dies und weitere Geschäfte finden Sie in der ausführlichen Sessionsvorschau


Die Sessionsprogramme und Tagesordnungen der Eidgenössischen Räte können noch Änderungen erfahren und sind unter folgenden Links abrufbar: Nationalrat | Ständerat
Zurück zur Übersicht