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Die Schweiz missachtet die Kinderrechtskonvention erneut

Bei der Ausweisung von zwei Kindern, einem hörbehinderten Mädchen und ihrem Bruder, hat die Schweiz gemäss dem UN-Kinderrechtsausschuss gegen drei zentrale Artikel der UN-Kinderrechtskonvention verstossen: gegen Artikel 3 (vorgängige Berücksichtigung des Kindswohls), Artikel 12 (Recht auf Anhörung) und Artikel 24 (Recht auf Gesundheitsvorsorge).

Die Schweiz wurde erneut vom UN-Kinderrechtsausschuss gerügt, bereits das dritte Mal in den vergangenen drei Jahren. Im aktuellen Fall geht es um den Entscheid des Staatssekretariats für Migration (SEM), ein hörbehindertes Mädchen zusammen mit seiner Familie nach Russland auszuweisen. Gemäss der von der Schweiz ratifizierten Kinderrechtskonvention muss bei einer Ausweisung vorgängig sichergestellt sein, dass das Kindswohl durch den Entscheid nicht gefährdet wird. Dazu gehört unter anderem auch eine Überprüfung der Risiken einer unzureichenden Gesundheitsversorgung, die für das Kind besonders schwerwiegende Folgen haben könnte. Im konkreten Fall hat es die Schweiz versäumt, alle nötigen Massnahmen zu ergreifen und Abklärungen zu treffen, um sicherzustellen, dass das Kind auch in Russland Zugang zu den dringlichen medizinischen Behandlungen hat. Dementsprechend stellte der UN-Kinderrechtsausschuss einen Verstoss gegen die zentralen Artikel der UN-Kinderrechtskonvention fest (Verstoss gegen Artikel 3: Vorgängige Berücksichtigung des Kindswohls und Artikel 24: Kinder haben ein Recht auf Gesundheitsvorsorge).


In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls gerügt, dass der 12-jährige Bruder des Mädchens im Asylprozess nicht angehört worden ist (Verstoss gegen Artikel 12: Kinder haben ein Recht auf Anhörung). Der Ausschuss erinnert in seiner Rüge erneut dran, dass Kinder auch in Einwanderungs- und Asylverfahren zu allen sie betreffenden Belangen angehört werden müssen.

 
Aktuell hat kein anderes Land mehr hängige Verfahren beim UN-Kinderrechtsausschuss als die Schweiz. In der Praxis hat sich seit der ersten Rüge im Jahr 2020 noch nicht viel geändert und auch Informationen des Bunds an die Bundesasylzentren oder ein Leitentscheid des Bundesgerichts zur Anhörungspflicht von Kindern fanden noch nicht Eingang ins Handbuch des SEM. Dort steht weiterhin lediglich, dass jedes Kind über 14 Jahre angehört werden muss. Solange die Praxis von SEM und den kantonalen Migrationsämtern nicht geändert wird, werden weitere Rügen folgen.


Weitere Informationen

Z.S. und A.S. gegen die Schweiz, Mitteilung Nr. 74/2019, Entscheid vom 10. Februar 2022

Übersicht zu früheren Urteilen gegen die Schweiz (humanrights.ch)

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