Netzwerk Kinderrechte Schweiz
Ständerat sagt JA zur Pa.Iv. „Armut ist kein Verbrechen“
Der Ständerat ist am 12. Juni dem Nationalrat gefolgt und hat der parlamentarischen Initiative „Armut ist kein Verbrechen“ zugestimmt. Damit können Personen ausländischer Staatsangehörigkeit, die seit mehr als 10 Jahren in der Schweiz leben und Sozialhilfe beziehen, nicht mehr aus der Schweiz ausgewiesen werden. Für Kinder aus betroffenen Familien ist dieser Schritt besonders wichtig.
Die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Samira
Marti verlangt, dass ausländische Personen, die seit zehn Jahren in der Schweiz leben und unverschuldet
Sozialhilfe beziehen, nicht mehr aus der Schweiz ausgewiesen werden können.
Der Ständerat hat der pa. Iv. entgegen der Empfehlung seiner staatspolitischen Kommission mit 23 zu 20 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Er folgt damit dem Nationalrat, der dem Geschäft bereits in der Herbstsession 2022 zugestimmt hat.
Derzeit sieht das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) einen Widerruf der Niederlassungsbestimmung bei Sozialhilfebezug vor. Dies führt dazu, dass ausländische Familien, die seit Jahrzehnten in der Schweiz leben und arbeiten, mit einer Wegweisung konfrontiert sind, wenn sie in eine Notsituation geraten und Sozialhilfe beziehen müssen. Die drohende Wegweisung zwingt Familien in prekären Verhältnissen oftmals dazu, auf Sozialhilfe zu verzichten. Darunter leiden betroffene Kinder ganz besonders.
Kinder, die von Armut betroffen sind, erleben materielle Benachteiligung und soziale Ausgrenzung. Zudem haben sie schlechtere Bildungschancen und bleiben häufig bis ins Erwachsenenalter arm. Die heutige Gesetzeslage gefährdet damit ihre Möglichkeiten auf Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben sowie ihr Wohlbefinden.
Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, das die Schweiz 1997 ratifiziert hat, garantiert allen Kindern in der Schweiz das Recht auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard (Art. 26 und 27 UN-KRK).
Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz hatte im Vorfeld gemeinsam mit Alliance Enfance zum Geschäft Stellung genommen und begrüsst diesen Entscheid sehr. Die Initiative trägt zur Rechtssicherheit betroffener Familien bei und gewährleistet einen angemessenen Lebensstandard, damit alle Kinder ihr Grundrecht auf soziale Sicherheit wahrnehmen können.
Die staatspolitische Kommission des Nationalrats muss nun eine Vorlage zur Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) ausarbeiten.