Netzwerk Kinderrechte Schweiz
Kinderrechte im Parlament
Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2023 unter anderem mit der Parlamentarischen Initiative «Kinder vor Armut schützen». Diese fordert eine gesetzliche Grundlage, die Kinderarmut schweizweit bekämpfen und verhindern soll. Da die nationalrätliche Kommission die aktuell vorgesehenen kantonalen Massnahmen als ausreichend erachtet und erst jüngst mehrere Vorstösse zu diesem Thema abgeschrieben wurden, gab diese der Parlamentarischen Initiative keine Folge. Der Vorstoss ist somit vom Tisch. Dieser Entscheid hat direkte Folgen für die rund 133’000 Kinder und Jugendlichen, die laut Caritas von Armut betroffen sind. Basierend auf Artikel 26 und 27 der UN-Kinderrechtskonvention steht allen Kindern in der Schweiz das Recht auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard zu. Entsprechend wichtig ist das Anliegen dieser Initiative aus kinderrechtlicher Perspektive.
Der Nationalrat stimmte zudem einigen Änderungsvorschlägen des Ständerates zu betreffend der Motion «Unter-16-Jährige wirksam vor pornografischen Inhalten auf dem Internet schützen. #banporn4kids#». Telekomanbieter sollen in Zukunft verpflichtet werden, die Erziehungsberechtigten auf mögliche Schutzmassnahmen aufmerksam zu machen und diese Schutzinstrumente zur Verfügung zu stellen. Die kontrovers diskutierten Netzsperren von Anbietern wurden jedoch gestrichen. Mit der Zustimmung beider Kammern wird der Bundesrat nun beauftragt, neue Massnahmen zum Schutz von Minderjährigen vor pornografischen Onlineinhalten auszuarbeiten.
Ebenfalls angenommen hat die grosse Kammer die Motion «Grundsätzliches Recht der Kinder auf alternierende Obhut nach der Trennung oder Scheidung ihrer Eltern». Diese will die alternierende Obhut als Regelfall im Zivilgesetzbuch festschreiben. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion, unter anderem da die Suche nach individuellen Lösungen - welche die Aufrechterhaltung der Beziehung zu beiden Eltern erlauben und gleichzeitig dem Kindeswohl am besten entsprechen – gegenüber einer Anordnung der alternierenden Obhut als Regelfall zu bevorzugen sei. Der Nationalrat folgte dieser Empfehlung nicht und nahm die Motion an. Als nächstes befasst sich der Ständerat mit dem Vorstoss.
Der Ständerat diskutierte in dieser Session zwei Standesinitiativen der Kantone Basel-Stadt und Luzern, die ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien fordern. Die ständerätliche Rechtskommission sprach sich im August 2023 zwar klar gegen Konversionsmassnahmen aus, jedoch brauche es zuerst einen besseren Überblick, ob und wie ein solches Verbot auf Bundesebene umgesetzt werden könnte. Aufgrund der parlamentsrechtlichen Fristen musste die Kommission trotzdem bereits einen Entscheid zu den zwei Standesinitiativen treffen. Um Doppelspurigkeiten in der Gesetzgebung zu vermeiden, beantragt die Kommission ihrem Rat den beiden Initiativen keine Folge zu geben. Der Ständerat folgte dieser Empfehlung.
Hinzu kommen in beiden Räten verschiedene Geschäfte und weitere Vorstösse, die ebenfalls kinderrechtliche Aspekte aufweisen (vgl. ausführliche Rückschau). Die Debatten können in den Wortprotokollen des Amtlichen Bulletins nachgelesen werden.