Parlament
Kinderrechte im Parlament
Der Ständerat hat in der Wintersession gleich zwei Geschäfte angenommen, die einen verbesserten Schutz von Kindern vor Gewalt zum Ziel haben.
Nachdem sich der Nationalrat bereits für die Motion «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern» ausgesprochen hatte, stimmte nun auch die kleine Kammer der Motion zu. Der Bundesrat ist nun beauftragt, das Recht auf gewaltfreie Erziehung im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) zu verankern, um Kinder vor körperlicher Bestrafung, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Massnahmen zu schützen. Wie bereits in der gemeinsam mit Kinderschutz Schweiz und Alliance Enfance verfassten Stellungnahme betont, begrüsst das Netzwerk Kinderrechte Schweiz dieses klare Bekenntnis zum Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung. Denn die Zahl der Kinder, die von Gewalt in der Erziehung betroffen sind, ist hoch. Aktuelle Zahlen gehen davon aus, dass jedes zwanzigste Kind zu Hause regelmässig körperliche Bestrafung erlebt. Gar jedes vierte Kind erfährt regelmässig psychische Gewalt.
Mit Blick auf die Motion «Statistik über Kinder, die Zeuginnen und Zeugen von häuslicher Gewalt sind» folgte der Ständerat ebenfalls dem Votum der grossen Kammer und nahm das Geschäft an. Der Bundesrat muss nun erheben, wie viele Kinder in Haushalten leben, in denen Polizeieinsätze aufgrund von häuslicher Gewalt stattgefunden haben. Mit der Annahme dieser beiden Motionen macht der Ständerat ein wichtiges Zugeständnis in der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention.
Auch bei der Annahme der Motion «Erweiterte Härtefallregelung zum Zugang zu beruflichen Ausbildungen» folgte der Ständerat dem Nationalrat und beauftragt damit den Bundesrat, die rechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass der Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus (Sans-Papiers) erleichtert wird. Bisher mussten Jugendliche ihre Berufslehre bei einem negativen Asylentscheid abbrechen. Der Ständerat handelte damit entgegen der Empfehlung seiner staatspolitischen Kommission, die der Auffassung war, dass Personen mit einem rechtskräftig abgewiesenen Asylgesuch die Schweiz verlassen müssen. Der ständerätliche Entscheid ermöglicht damit auch Jugendlichen mit negativem Asylentscheid und Jugendlichen ohne geregelten Aufenthaltsstatus, ihr Recht auf Bildung wahrzunehmen.
Ein Zeichen gegen Gewalt im Internet setzte in dieser Session der Nationalrat, indem er der Parlamentarischen Initiative «Neuer Straftatbestand Cybermobbing» Folge gab. Die Initiative will das Strafgesetzbuch um den Straftatbestand «Cybermobbing» ergänzen. Der Nationalrat folgte damit der Empfehlung seiner Rechtskommission. Damit geht das Geschäft zurück in die Rechtskommission des Ständerates. Bei einer Zustimmung wird ein entsprechender Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Bei einer Ablehnung kommt das Geschäft in den Ständerat.
In dieser Session hat der Nationalrat zudem intensiv über das Geschäft «Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht» debattiert, das Teil der Revision des Sexualstrafrechts ist. Dabei geht es auch um die Frage, ob Cybergrooming (das Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Minderjährigen im Internet) als neuer Straftatbestand im Strafgesetzbuch aufgenommen werden soll. Die nationalrätliche Kommission beantragte ihrem Rat die Aufnahme eines entsprechenden, als Antragsdelikt ausgestalteten Artikels ins Strafgesetzbuch. Das umfangreiche Geschäft geht nun an den Ständerat.
Hinzu kommen in beiden Räten verschiedene Geschäfte und weitere Vorstösse, die ebenfalls kinderrechtliche Aspekte aufweisen (vgl. ausführliche Rückschau). Die Debatten können in den Wortprotokollen des Amtlichen Bulletins nachgelesen werden.